Im Laufe unserer Kindheit lernen wir so manches in der Schule. Wir lernen wie der Mensch biologisch funktioniert, die Welt der Physik und Chemie und vieles mehr. Ob dass das Wichtigste ist, um im Leben weiter zu kommen, sei dahingestellt.
Aber eines, dass wir nicht lernen ist Empathie. Dabei hat empathisch sein viel mehr Vorteile als wir denken. Und gerade in den Selfie-Zeiten, in unserer hyperindividualistischen Gesellschaft ist es fast ein no go Gefühle und Gedanken auszudrücken, geschweige denn einen anderen Menschen auf seine Gefühle anzusprechen. Weil wir lieber unsere Erfahrungen tief verborgen in uns tragen als diese einem anderen im Außen zu präsentieren, wir könnten ja dadurch angreifbar werden.
Schon mein ganzes Leben lang konnte ich andere Menschen gut einschätzen und auch spüren. Lange wusste ich nicht so recht damit umzugehen, denn wenn man eine Emotion spürt, die gerade nicht dem eigenen Zustand entspricht, schafft das Verwirrung. Es hat viele Jahre gedauert bis ich mit dem Erleben der Gefühle anderer Menschen zurechtkam. Und ich bin durch viele Situationen gegangen, in denen ich das Gefühl hatte, etwas falsch gemacht zu haben. Dabei habe ich „nur“ die Emotion meines Gegenübers gefühlt, der z.B. gerade genervt aus der Arbeit kam. Sein Gefühl, das nichts mit mir zu tun hatte.
In meiner Praxis erlebe ich heute oft, dass meine Patienten große Augen machen, wenn ich sage was ich fühle, was ich spüre, im Zusammenhang mit der Geschichte, die mir erzählt wird. Ich merke, manche fühlen sich ertappt und dann denke ich mir, war es richtig das auszusprechen, was mein Patient doch lieber im Verborgenen hält. Doch es hat sich immer als richtig herausgestellt meine Gedanken auszusprechen, denn dann konnte Heilung entstehen. Heilung, allein dadurch, dass einem Thema Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Ein Thema das oft lange Zeit eingesperrt war und nicht nochmal gefühlt werden wollte aus Angst vor erneutem Schmerz. Und meist braucht es nur nochmal ein kurzes „reinfühlen“ und der Schmerz ist weg. Empathisch zu sein ist nicht immer einfach, aber es kann auch Tür und Tor öffnen zu einer ganz neuen Welt der Gefühle.
Ein empathischer Mensch besitzt die Fähigkeit und auch die Bereitschaft, Gedanken, Emotionen, Motive und Persönlichkeitsmerkmale einer anderen Person zu erkennen und zu verstehen. Und er kann auf die Gefühle seines Gegenübers angemessen reagieren, z.B. mit Mitgefühl, nicht zu verwechseln mit Mitleid. Leiden wollen wir alle nicht.
Daniel Goleman ein amerikanischer Psychologe nennt dies emotionale Intelligenz (gutes Buch übrigens!). Daniel Goleman’s emotionale Intelligenz umfasst neben der Empathie auch die Kommunikationsfähigkeit, die soziale Kompetenz, die Motivationsfähigkeit, das Selbstbewusstsein und die Selbstkontrolle. Das ist so gesehen der Gegenentwurf zur klassischen Intelligenzforschung.
Als empathischer Mensch schlüpfen wir quasi in die Schuhe des anderen um dessen Absicht, Gefühle und Ansichten zu verstehen. Und dieses Verstehen können wir dann nutzen, um unser eigenes Verhalten zu steuern. Und genau das ist der Unterschied zu Freundlichkeit und Mitleid. Es geht darum zu entdecken, was möchte der andere, was könnte ihn unterstützen. Und nicht darum, wie kann ich ihn manipulieren sodass er in meinen Schuhen geht.
Neurowissenschaflter haben im Laufe der letzten Jahrzehnte einen Empathie-Kreislauf in
10 Bereichen unseres Gehirns ausgemacht. Wird er beschädigt, vermindert das unsere Fähigkeit etwas nachzuempfinden, was andere Menschen fühlen. Evolutionsbiologen wie Frans de Waal zeigten auf, dass wir soziale Wesen sind. Unsere natürliche Entwicklung ist das Füreinander-Sorgen. Starke und liebevolle Bindungen in den ersten zwei Lebensjahren prägen nachhaltig unsere Empathie.
Aber auch im Laufe unserer Kindheit setzt sich die Entwicklung von Empathie fort. Wir können diese Fähigkeit unser ganzes Leben hindurch nähren und sie als radikale Kraft für soziale Veränderungen nutzen um damit das Leben aller um uns herum verbessern.
Es gibt Menschen, die sehr empathisch sind, was nicht immer leicht ist in unserer Gesellschaft. Oft werden hochempathische Menschen missverstanden und mit Misstrauen beäugt.
Denn sie sind sehr neugierige Menschen. Sie haben sich die Wissbegierde ihrer Kindheit bewahrt, die uns die Gesellschaft gerne austreibt. Sie finden andere Menschen interessant, egal um wen es sich handelt. Sie sind aber nicht darauf bedacht einen Menschen auszufragen. Im Gegenteil, sie respektieren den anderen. Neugierde erweitert die Fähigkeit zur Empathie und es ist eine wirksame Kur gegen Einsamkeit. Mit Menschen ins Gespräch zu kommen und andere Weltanschauungen zu inhalieren. Dazu bedarf es tiefer Gespräche und nicht nur eines kurzen Chats über das Wetter.
Empathen wollen das Leben des anderen „schmecken“. Ihr denkt Eisklettern und Drachenfliegen ist Extremsport? Dann solltet ihr mal experimentelle Empathie ausprobieren - die größte und lohnendste Herausforderung von allen. Ein hochempathischer Mensch ist in der Lage seine Empathiefähigkeit durch eine direkte Erfahrung aus dem Leben anderer zu erweitern. „Gehe eine Meile in den Mokassins des Anderen, bevor Du ihn beurteilst“ sagt ein indianisches Sprichwort. Wenn das nicht eine größere Herausforderung ist als Drachenfliegen?!
Empathen sind es gewöhnt genaustens zuzuhören und sich zu öffnen. Es ist die Kunst des rigorosen Zuhörens, dass einen Empathen ausmacht. Präsent zu sein für das, was da im Inneren des anderen gerade wirklich los ist. Die einzigartigen Gefühle und Bedürfnisse des anderen zu spüren und alles zu tun was ihm möglich ist, um zu erkennen was der andere gerade braucht.
Ein hochempathischer Mensch hört einem anderen genau zu und tut alles ihm mögliche, um dessen Gefühlszustand und seine emotionalen Bedürfnisse zu erkennen.
Doch zuhören allein reicht nicht. Die zweite und auch sehr wichtige Eigenschaft ist, sich selbst verletzlich zu machen, das heißt die eigenen Masken abzulegen und jemandem seine Gefühle zu offenbaren. Das schafft eine starke empathische Bindung. Empathie ist keine Einbahnstraße. Im besten Fall baut sie auf gegenseitigem Verständnis und Verstehen auf. Und dem Austausch unserer wichtigsten Ansichten und Erfahrungen.
Mit Empathie wird man nicht geboren, wie z.B. mit braunen Augen oder blonden Haaren. Sie kann gelernt und trainiert werden. Im besten Fall versuchen bereits die Eltern ihren Kindern Mitgefühl und Empathie zu vermitteln. Der allererste Schritt dazu ist natürlich die liebevolle Bindung zum Kind. Wenn die Eltern dann noch als Vorbilder fungieren lernen die Kinder was es bedeutet, sich um andere zu sorgen, sich durchzusetzen oder sich zurück zu nehmen. Als induktiven Erziehungsstil bezeichnet man, wenn die Eltern den Kindern beibringen, wie wichtig es ist sich die Konsequenzen ihres Verhaltens zu verdeutlichen und sich in andere hinein zu versetzen. Und dieser ist aller Erkenntnis nach weit wirksamer als Strafen und Schimpfen. Werte wie Rücksichtnahme und Höflichkeit werden ohne Druck verinnerlicht.
Aber auch Menschen, denen in der Kindheit weniger Empathie vermittelt wurde können Mitgefühl erlernen und trainieren vergleichbar mit dem Erlernen einer Sprache. Das bestätigt eine Studie aus dem Jahr 2014. Britische Psychologen untersuchten dafür 300 Freiwillige mit narzisstischen Zügen, die aber psychologisch gesund und sogar sehr erfolgreich in ihrem Job waren. Sie fanden heraus, dass auch Narzissten Mitgefühl empfinden konnten, wenn man sie aktiv dazu aufforderte sich in andere hinein zu versetzen. Allein durch das sich öffnen für eine neue Erfahrung und das regelmäßige trainieren waren sie immer mehr imstande mit einem anderen Menschen mitzufühlen.
Auch wenn man keine narzisstischen Züge an sich hat ist es nicht verkehrt, sein Einfühlungsvermögen zu schärfen. Einfach nur aufmerksam zuhören, die Perspektive wechseln, also in den Schuhen des anderen zu gehen und auch sich selbst immer wieder hinterfragen.
Warum ist es nützlich für uns mit anderen Menschen mitzufühlen? Ein empathischer Mensch kann viel besser tiefgehende Beziehungen eingehen und erlebt somit weniger Trennungen von Partnern und Freunden. Durch das Gefühl der Verbundenheit mit der Umgebung haben Empathen oft weniger Konflikte in ihrem Umfeld.
Ein großes Einfühlungsvermögen kann auch vorteilhaft für die Karriere sein. Studien haben gezeigt, wer sich gut in andere hineinversetzen kann, hat bessere Chancen in seinem Beruf. Denn Empathen werden als sozial kompetenter eingestuft und somit wird ihre Leistung in der Zusammenarbeit mit anderen höher bewertet. Es gelingt ihnen besser zwischen den Zeilen zu lesen und somit Fettnäpfchen zu vermeiden.
Voraussetzung für Empathie ist eine gesunde Selbstwahrnehmung. Was in der Liebe gilt: Erst wenn wir uns selbst lieben, können wir einen anderen lieben, gilt auch für die Empathie. Erst wenn wir uns selbst gut verstehen, können wir auch die Gefühle der anderen deuten, besser verstehen und vorausschauend reagieren.
Aber auch hier ist ein gesundes Mittelmaß angebracht. Zu viel Empathie könnte zur Folge haben unsere eigenen Bedürfnisse zu vernachlässigen. Es könnte passieren, dass wir uns nicht genug abgrenzen oder sogar ausgenutzt werden. Zu wenig Empathie dagegen könnte unsere Gesellschaft immer individualistischer werden lassen. Und irgendwann gibt es kein Miteinander mehr.
Die Sache mit der Empathie ist, dass sie keiner festen moralischen Überzeugung folgt. Es ist kein rationales Gefühl, es hat nichts mit Köpfchen zu tun. Es ist das Erspüren der Gefühle eines anderen Menschen um ihm emotionale Unterstützung, Vertrauen und Bestätigung zu geben. Ihn zu ermutigen und ihn wissen zu lassen das man hinter ihm steht.
Manchmal suchen die Menschen in ihrem Umfeld keine Antworten und Lösungen, sondern Mitgefühl und Unterstützung.
Hier findest du mich in München:
Naturheilpraxis Iovine
Hohenzollernstr. 112
80796 München
Hier findest du mich in München:
Naturheilpraxis Iovine
Hohenzollernstr. 112
80796 München
Hier findest du mich in München:
Naturheilpraxis Iovine
Hohenzollernstr. 112
80796 München
Naturheilpraxis Patricia Hangl